Wetter: Sonnig und heiß
Tageskilometer: 51,46km
reine Fahrzeit: 3h 47min
Unsere Theorie hat sich mal wieder bestätigt- was viel kostet, muss nicht zwangsläufig gut sein.
Aber von vorn. Wir haben uns den Wecker eine halbe Stunde früher gestellt und schlüpfen schon um 7.30Uhr schlaftrunken aus den Federn. Wir räumen zusammen, bezahlen unsere Rechnung und sind eine ganze dreiviertel Stunde früher im Sattel. Als erstes geht es zurück in den Ort, beim Bäcker ein Frühstückchen kaufen. Steffi schlägt voll zu und wir müssen fast einen Kleinkredit aufnehmen, dafür haben wir aber auch reichlich zu Essen.
Wir entscheiden uns für den direkten Weg nach Salzwedel und fahren etwas mehr Hauptstrasse. Trotz mehr als 13 Jahren Wiedervereinigung, erinnert doch noch einiges an alte Zeiten. Der Radweg zum Beispiel scheint aus dem gleichen Beton-Kombinat zu kommen, wie die ehemalige Transit-Strecke nach Berlin. Viele alte Betriebsgebäude stehen leer und auch neue Läden haben bereits wieder die Sachen gepackt und sind verschwunden. Ein riesiger Baumarkt und ein Möbelhaus stehen einsam am Wegesrand. Es sind noch nicht mal Fahrzeuge von Angestellten zu sehen. Vor einem verlassenen Autohaus hat findiger Kopf eine fahrbare Feldküche eröffnet.
In Salzwedel empfängt uns als erstes eine Plattenbau-Siedlung, die unsere Erwartungen auf die angekündigten Sehenswürdigkeiten schwinden lässt. Wir halten uns tapfer Richtung Ortskern und siehe da, Salzwedel hat auch andere Seiten. Kleine verwinkelte Gasse mit wunderschönen Fachwerkhäusern, Kirchen und Resten der Stadtmauer. Wir streifen umher, fotografieren und filmen. In einem Sportgeschäft kaufe ich ein paar neue Radhandschuhe. Im Netto-Markt kaufen wir unser Abendessen, nun gleich für zwei Abende.
Wir verlassen uns auf die Ausschilderung und strampeln erstmal in die falsche Richtung. Dann geht es weiter auf dem richtigen Weg. Kopfsteinpflaster macht das Fahren schwer und stellt unsere Räder auf die Belastungsprobe. Die Orte werden kleiner, sind aber sehr schön und haben alle eins gemeinsam – eine kleine Feldsteinkirche in der Dorfmitte. Die Verbindungen gleichen alten Römerstrassen. Feldsteine, ausgefahrene Spuren und gerade mal so breit, dass ein Fuhrwerk drauf Platz hat. Unser Radweg ist ausgeschildert und führt teilweise direkt durchs Outback der Altmark.
Wenn du dann denkst, einsamer kann es nicht werden, steht da auf einmal ein riesiges Styropor-Platten-Werk. Weiter geht es durch namhafte Orte wie Mechau, Kaulitz und Schrampe. Wie gestern säumen zahlreiche Obstbäume unseren Weg. Immer wieder teste ich Äpfel und Pflaumen (wehe es lacht jetzt einer), aber wir sind noch zu früh dran – alles sauer!
Dann haben wir es geschafft, wir sind in Arendsee und biegen gleich auf den ersten Campingplatz ein. „Zehn Minuten zu Fuß zum See“, sagt die Besitzerin. Wir steigen wieder auf, denn unser eigentlicher Platz trägt den viel versprechenden Namen „Naturcamp am See“. Noch ein paar Kilometer, dann haben wir es geschafft. Der Platz erinnert uns von der Strasse mehr an eine Schrebergarten-Siedlung, nur viel wilder. Völlig willenlos stehen kleine selbstgezimmerte Hütten mitten im Wald.
Egal, wir melden uns an. Mit 12,50 Euro der bisher teuerste Platz. Da müssen die echt was bieten. Tun sie auch, zum Beispiel mit zusätzlichen Duschmarken zu 1 Euro pro Stück und drei Minuten. Jetzt sind wir schon bei 16,50 Euro! Nach langem Suchen finden wir einen einigermaßen ebenen Platz und bauen unser Zelt auf. Jetzt schnell runter zum See. Wir gingen ja eigentlich davon aus, selbiger würde direkt an den Platz grenzen, aber dem ist nicht so. Dazwischen liegen eine Strasse und ein hoher Zaun. Unsere schlimmsten Befürchtungen werden wahr. Das „Strandbad“ kostet noch einmal 3 Euro Eintritt. Wie gesagt, nicht alles was teuer ist, ist auch zwangsläufig gut.
Es muss schon sehr schlimm kommen, damit ein anderer Platz diesen hier von der letzten Stelle unserer persönlichen Rangliste verdrängt. Wir baden nicht, sondern duschen gleich. Als wir zurückkommen haben drei Frauen-on-Tour die Bank neben unserem Zelt bevölkert. Als ob das nicht reichen würde, haben sie ihr Auto noch gleich mit dem Heck an unserem Eingang geparkt. Steffi sitzt schon mit pochenden Schläfen im Zelt.
Da unser Campingplatzwirt bereits zum vierten Mal über einen plärrenden Lautsprecher – er ist bestimmt auch Stadionsprecher beim 1. SV Arendsee – die Waldbrandstufe 4 ausgerufen hat, kochen wir in der „Grill-Insel“. Da vor unserem Zelt kein Platz mehr ist, setzen wir uns in einen bereits geschlossenen Imbiss.
Erst lange nachdem wir unseren Abwasch erledigt haben, verschwinden die Mädels vor unserem Zelt. Während ich, noch etwas benommen von ihrer platten Konversation, mich frage, ob ich ihre Reifen zersteche, hat Steffi bereits die Bank vor deren Zelt geschleppt. Von links dröhnt Best of Ballermann, von rechts Outlandish herüber. Und der Tag fing so gut an…